Uäähhh! Uäähhh! Uäähhh!

Es bringt Eltern an den Rand der Verzweiflung, zum Weinen und zur totalen Erschöpfung, es treibt sie zu rastlosen Wanderungen durch die Wohnung und zu nächtlichen Kinderwagentouren und es hinterlässt völlige Ratlosigkeit. Die Rede ist hier vom sogenannten Schreibaby. Dass viele Neugeborene in den ersten Wochen häufig schreien und weinen, ist normal. Was aber, wenn das Baby regelmäßig ohne erkennbaren Grund stundenlang schreit und sich durch nichts beruhigen lässt?

Ab wann aber spricht man denn nun eigentlich von einem Schreibaby? Eine allgemein anerkannte Definition lautet: Wenn das Kind mehr als drei Stunden täglich an mehr als drei Tagen pro Woche und über mehr als drei Wochen lang ausdauernd schreit. Meist beginnen die Schreiattacken um die zweite Lebenswoche herum, nehmen bis zur sechsten Lebenswoche zu und enden oft ganz plötzlich, wenn das Baby rund vier Monate alt ist. In einigen Fällen hält die Brüllerei allerdings bis zum sechsten Lebensmonat oder noch länger an.

Ach Baby, warum schreist du nur so?

Natürlich möchten Eltern wissen, warum ihr Baby so dauerhaft schreit, um geeignete Lösungen zu finden. Stecken womöglich eine Krankheit dahinter oder akute Schmerzen? Diese Sorgen plagen die Eltern zusätzlich zur ohnehin schon großen Belastung durch das Dauergebrüll des Winzlings. Dachte man lange Zeit, dass Darmkoliken die Ursache für die Schreiattacken sind, gehen Fachleute heute davon aus, dass Schreibabys an einer allgemeinen Überforderung leiden. Sie haben schlichtweg größere Schwierigkeiten als andere Babys, sich an das Leben außerhalb des Mutterleibes anzupassen und zu gewöhnen. Deshalb wird das Phänomen des Schreikindes inzwischen dem Sammelbegriff der Regulationsstörung zugeordnet. Dazu zählen beispielsweise auch Schlaf- oder Fütterungsstörungen. Dennoch sollten vorsichtshalber andere Ursachen in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden, denn manchmal ist es eben keine Regulationsstörung, sondern tatsächlich eine Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, die das Baby plagt. Als eine weitere Ursache wird eine Gelenkfehlstellung insbesondere der Kopfgelenke und der Halswirbelsäule angenommen, das sogenannte KiSS-Syndrom, das durch eine osteopathische Behandlung im wahrsten Sinne des Wortes wieder geradegerückt wird.

Hilfe – ich bin auf der Welt!

Sind also alle körperlichen Ursachen ausgeschlossen, bleibt die These, dass für manche Neugeborene das „auf der Welt sein“ eine zu große Reizüberflutung bedeutet. Schreibabys scheinen extrem reizoffen zu sein, sie nehmen dadurch zu viele Eindrücke auf und sind damit überfordert. Dann wissen sie sich nicht anders zu helfen, als ihr Unwohlsein herauszuschreien ¬– ihre einzige Möglichkeit, auf negativ empfundene Situationen zu reagieren. Ein kleiner Trost für die Eltern: Diese Reizoffenheit kann später, wenn der eigene Filter besser funktioniert, aus Schreibabys besonders aufmerksame und interessierte Kinder machen.

Dummerweise gibt es kein Patentrezept dafür, wie Eltern ihrem Schreibaby die Umstellung auf all die vielen neuen Eindrücke erleichtern können. Ein sehr guter Ansatz ist in jedem Fall, dem kleinen Brüllkind einen möglichst geregelten, ruhigen und reizarmen Alltag zu gönnen. Dazu gehören feste Zeiten zum Füttern, Spielen, Spazierengehen und Schlafen. Zu lange Wachphasen sind anstrengend, also lieber frühzeitig schlafen legen und dabei bewährte Rituale einsetzen wie zum Beispiel das Zimmer abdunkeln und immer dasselbe Schlaflied vorsingen oder vorspielen.

Weitere Tipps zum Ausprobieren:

- Pucken: Vielen Babys schenkt diese besonders enge Wickelmethode eine beruhigende Sicherheit.
- Tragen: Der enge Körperkontakt und das Schaukeln beim Gehen erinnern an die behütete Zeit im Mutterleib.
- Federwiege und Pezzi-Ball: deren schaukelnde Bewegungen beruhigen.
- Apps und CDs mit Musik und Geräuschen: Babys reagieren positiv auf monotone Geräusche, wie etwa den Staubsauger, den Haartrockner oder die Waschmaschine. Es gibt tatsächlich Klang-CDs oder auch Apps, die solche Geräusche nachahmen.

Geduld, Geduld und nochmals Geduld

Ein Schreibaby verlangt seinen Eltern viel ab. Die wichtigste Empfehlung ist daher, sich auf keinen Fall zu überfordern und sich Hilfe zu holen, wenn die Erschöpfung zu groß wird. Gönnen Sie sich Auszeiten durch die Unterstützung von Freunden oder Verwandten und sagen Sie sich immer wieder, dass diese Phase nach einigen Monaten vorüber sein wird. Ist natürlich leichter gesagt als getan. Auch wenn es manchmal schwerfällt: Bitte schreien Sie Ihr Baby niemals an, es will Sie durch sein Brüllen ja nicht ärgern, sondern weiß sich selbst nicht anders zu helfen. Und niemals, niemals, niemals darf so ein kleines Schreibaby aus dem Effekt heraus geschüttelt werden! Es kann dabei ein Schütteltrauma mit lebensbedrohlichen Verletzungen erleiden. Wenn also Ihr Schlafdefizit zu groß wird, die Nerven völlig blank liegen und Ihnen die Hilflosigkeit über den Kopf wächst, holen Sie sich bitte unbedingt professionelle Hilfe von außen: In Deutschland gibt es einige Schreiambulanzen, an die sich verzweifelte Eltern wenden können. Dort helfen sogenannte Schreitherapeuten. Mehr dazu finde Sie z.B. unter www.schreiambulanz.de.

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